Montag, 30. Januar 2017

Der Cafédschungel

Der Cafédschungel 

oder der Tintenfisch in der Garage

Buenas,
einen Kaffee in Spanien zu bestellen, ist zu vergleichen mit einer Apfelsine* dem Bestellen der angemessenen Biergröße in einer Bar, siehe den Blogeintrag Bier.
Die verschiedenen Größen sind zwar nicht wie beim Bier das Problem, aber es herrscht eine etwas andere Kaffeekultur und man kann die Sorten leicht verwechseln.

Zum morgendlichen Kaffee gibt es barrita con tomate (Tomatenbrot) und zumo de naranja (Orangensaft)

Die wichtigsten Kaffeearten sind :

1. café con leche caliente/templada/al tiempo/frío
2. café cortado
3. café corto
4. café americano
5. café con hielo
6. café carajillo
7. café descafeinado
8. café bombón

Bestellt man einfach einen café, ist normalerweise die rethorische Nachfrage con leche? (mit Milch?) zu hören. Denn der am häufigsten getrunkene Kaffee ist ein cafe con leche (Milchkaffee), der als Standard gilt. Entscheidet man sich für einen Milchkaffee, muss man dem Kellner danach noch mitteilen ob man die Milch caliente (heiß), templada (lauwarm, gemischt aus heißer und kalter Milchkanne), al tiempo (Raumtemperatur) oder frío (kalt) haben möchte.

Als Variante dieses Kaffees gibt es den café cortado (abgeschnittener Kaffee), was bedeutet, dass man seinen Kaffee nur mit einem kleinen Schuß Milch trinken möchte.

Vorsicht! Wenn ihr in einer Bar einen Kurzen bestellt, auf spanisch corto, erhaltet ihr keinen Schnaps, sondern einen sehr kleinen Kaffee, den spanischen Espresso. Dieser ist für Kaffeepuristen am besten geeignet.

Einen "normalen" Filterkaffee bestellt man am besten als café americano (amerikanischen Kaffee). Die Spanier kennen unseren Standardkaffee vermutlich aus amerikanischen Filmen und versuchen ihn dementsprechend nachzuahmen. Dabei wird allerdings der relativ stark geröstete und kräftige Kaffee, sozusagen ein corto -der auch die Basis für den café con leche ist- einfach mit heißem Wasser aufgegossen. Es ist also ein von den Röstaromen her ausreichender, aber trotzdem leicht dünner Kaffee der darauf wartet echte Kaffeeliebhaber enttäuschen zu dürfen.

Gerade im heißen Sommer ist auch ein Eiskaffee beliebt. Anders als in Deutschland, wird beim café con hielo aber nicht ein kühler Kaffee, womöglich mit Vanilleeis getrunken, sondern der Kellner wirft in den frischen, heißen Kaffee einfach zwei Eiswürfel, auf dass das Gebräu ein wenig abkühlen möge.

Natürlich findet man auch die typischen alkoholreichen Varianten des Kaffees. Ein carajillo wird meist als Kaffee mit einem Schuß Brandy serviert, traditionell wird der Brandy allerdings mit Kaffeebohnen zusammen erhitzt.

Relativ viele Spanier trinken auch gerne einen café descafeinado (deskoffeinierter Kaffee), vor allem Abends.

Passend zum Abschluss der Kaffeearten, kann man dann noch einen café bombón (Pralinenkaffee) trinken, der aus Kaffee mit (ziemlich viel) Kondensmilch besteht und manchmal noch Karamell enthält. Nichts für mich, aber vielleicht für den ein oder anderen zum Nachtisch.

Bei den vielen Kaffeesorten kann man sich verloren vorkommen, wie ein Tintenfisch in der Garage, wie man auf spanisch sagt: Estar perdido como un pulpo en el garaje.
Aber auf die Dauer gewöhnt man sich daran, und außerdem bestellt man wahrscheinlich maximal drei verschiedene Kaffeesorten, ich habe bisher nur die ersten vier getrunken ;)

Bis zum nächsten Schluck!


*Homer und die Apfelsine

Dienstag, 24. Januar 2017

Buitrago de Lozoya



Hola,
am Wochenende hat mich Kathi in Madrid besucht, und wir haben einen Ausflug nach Buitrago de Lozoya gemacht. Diese kleine Stadt liegt etwa 70 km nördlich von Madrid, fast in den Bergen, die momentan alle schneebedeckt sind. Normalerweise liegt auch in Buitrago um diese Zeit Schnee, aber die letzten Wochen waren hier in den Bergen überdurchschnittlich warm - im Gegensatz zum Rest Europas.

Die zweistündige Busfahrt mit der Linie 191 von Plaza de Castilla aus (es müssen ja alle Dörfer auf dem Weg abgeklappert werden) brachte uns Samstagmorgens für etwa 5 € in die Berge. 


In den etwas kargen Winterlandschaften....

...finden sich auch einige Bunkeranlagen aus dem spanischen Bürgerkrieg

Um die Landschaft zu erkundigen, mieteten wir uns zwei flotte Pferde im Centro Hípico de Buitrago und ritten mit unserem Führer Dani die recht steinige und interessante Landschaft. Die Pferde waren erstaunlich gut an die Umgebung angepasst, durch Felder die mit Steinbrocken übersäht sind, galoppierten sie ohne jegliche Unsicherheit.
Etwa drei Stunden genossen wir die herrliche Landschaft und die frische Luft, ehe es dämmerte und wir uns kulturell begründet einem ortstypischen Schafbraten zuwendeten.








Halbwilde Pferde die in den Bergen in Freiheit leben begrüßten unsere Reitpferde


Die Estancia hat auch Reitpferde im Stall, besonders auffällig ist die Rasse rastafari blanco ("weißer Rastafari")

Am Sonntag rief uns der sonnig kühle Tag hinaus zu einer Wanderung. Der Name Buitrago kommt von Buitre, was das spanische Wort für "Geier" ist. In der Tat ist die schluchtenreiche Gegend von vielen seltenen Tieren bewohnt, Geier und Wölfe finden Rückzugsgebiete im direkt angrenzenden Naturschutzgebiet. Unsere Begegnungen, Kämpfe und Versöhnungen mit den Wolfsrudeln haben wir jedoch nicht fotografiert, weil es uns zu alltäglich erschien.

Die Brücke über den Fluss...


...eröffnet die Möglichkeit bergan zu steigen. Man beachte den neuen Rucksack.




Am Morgen war es frisch, und der Rauhreif bedeckte die steinigen Hügel. Mit zunehmenden Sonnenstand wurde es in unseren Jacken doch recht schnell zu warm, zumal wir immer höher kletterten, bis wir einen sehr schönen Ausblick auf Buitrago de Lozoya hatten.






Da Kathi sich leider bereits am Montag wieder ihren schulischen Verpflichtungen beugen musste, reisten wir am Nachmittag nach Madrid. Die Gegend ist aber auch einen kurzen Wochenendausflug wert!

Und wer sich nach der Berglandschaft noch nicht erfrischt genug fühlt, im nächsten Blogeintrag werde ich euch berichten wie man in Madrid Kaffee bestellt.
Hasta luego
Thomas

Sonntag, 8. Januar 2017

Der Dicke und die Könige

 
Feliz navidad,

ich wünsche euch ein frohes neues Jahr und dass ihr vorgestern, am 6.1.2017, besonders viele Geschenke bekommen habt!
Hier im sehr katholischen Spanien - in welchem übrigens Karneval größtenteils ignoriert wird - werden insbesondere die heiligen drei Könige gefeiert. Nicht am 24.12 oder 25.12 bekommen die Kinder ihre Geschenke, sondern am sechsten Januar.
 Ich habe gehört dass die Kinder am Abend des fünften Januars einen Brief mit ihren Geschenkwünschen schreiben. Falls das stimmt, ist der Zeitrahmen der Könige um die Geschenke zu besorgen jedenfalls sehr knapp.

Wie im letzten Blog angekündigt, habe ich mich an einer spanischen Weihnachtstorheit beteiligt. Kurz vor Weihnachten gibt es hier die Weihnachtslotterie, in der über eine Milliarde Euro an Gewinnen ausgeteilt wird.
In den ersten Dezemberwochen sieht man überall Madrileños Lose kaufen, Büdchen in denen schon einmal El Gordo gewonnen wurde, haben hunderte Meter lange Schlangen. Der Aberglaube ist hier noch stärker als in Deutschland, und die Käufer erhoffen sich mehr Losglück wenn ein Büdchen bereits einmal das Los des El Gordo verkauft hat. Meiner Meinung nach könnte man genauso falsch andersherum argumentieren: Büdchen die bereits den Hauptgewinn hatten, haben eine geringere Wahrscheinlichkeit ihn nochmals zu bekommen. Meine Kollegen haben mir aber erklärt, dass der Aberglaube eng mit der Religiösität verknüpft ist, Büdchen die den El Gordo hatten, seien von Gott gesegnet und deswegen sei dort die Gewinnwahrscheinlichkeit höher.

Ich habe bereits den El Gordo (der Dicke/Fette) erwähnt. So nennt man den Hauptgewinn der spanischen Weihnachtslotterie.
Am 22.12. werden die Preise gezogen. Dabei gibt es zwei große Trommeln, angefüllt mit murmelgroßen Kügelchen. In der einen Trommel liegen die Nummern der Lose, in der anderen die Gewinne. Hauptsächlich gibt es pro gewinnendem Los 1000 Euro. Zusätzlich gibt es einige wenige Gewinne fünfter, vierter, dritter und zweiter Klasse, die im 5 bis 6 stelligen Bereich liegen, sowie den Hauptgewinn von 4 Millionen Euro.
Das klingt nach sehr viel Geld, aber abgesehen davon dass die Hälfte der Gewinne in Form von Steuern wieder an den Staat fließt, kostet ein einzelnes Los 200 Euro. Das heißt bei einem der 1000 Euro Gewinne kriegt man "nur" das Fünffache zurück.
Da die Lose recht teuer sind, werden normalerweise Zehntellose verkauft. Diese kosten immer noch 20 Euro, deshalb haben wir in unserer Arbeitsgruppe jeweils zu zweit ein Zehntellos gekauft - und leider nichts gewonnen.

Das Besondere an der Weihnachtslotterie ist die Ziehung der Preise. In einem großen Theater in Madrid stehen die beiden Behälter mit den Kugeln, und ein paar Schüler einer bestimmten christlichen Schule verlosen die Preise indem einer eine Preiskugel und der andere eine Loskugel zieht. Dabei werden die Preise und Nummern nicht vorgelesen sondern in einem gleichbleibenden, gebetsartigen Gesang vorgetragen. Erwischt ein Schüler einen höheren Preis überschlägt sich die Stimme vor Aufregung. Die höheren Preise werden jeder Person der Jury gezeigt und dem Publikum noch dreimal vorgesungen. Das zieht sich über mehrere Stunden hin.
Damit ihr einen Eindruck davon kriegt, ist hier ein Link von der Ziehung des

 El Gordo 2016

Die Fotos sind aus dem Park Casa de Campo im Westen Madrids, in dem ich heute bei 10°C und Sonnenschein war, wie ihr seht ist es relativ grün :)


Bis demnächst!
Thomas